Gläserne Mitarbeiterzufriedenheit
Wer ein Hotel bucht, liest einschlägige Rezensionen. Restaurants leben von guten Bewertungen und Ärzte haben schon gegen diskriminierende Bewertungsportale geklagt. Die Welt der Bewertungsportale hat den Arbeitsmarkt längst erreicht. In nahezu jeden Bewerbungsprozess werfen Bewerber einen Blick auf einschlägige Bewertungen ihrer potenziellen Arbeitgeber; mit nicht immer schmeichelhaften Ergebnissen. Der Wettbewerb um die ‚besten Köpfe‘ hat ein zusätzliches Betätigungsfeld.
Es hilft kein Lamento. Die wahrgenommene Unternehmenskultur, die Zufriedenheit der Mitarbeiter wird gläsern. Im Bewerbungsprozess verlieren Personalabteilung, Fachvorgesetzter aber auch der Personalberater die ‚Deutungshoheit‘ über die Unternehmenskultur. Das ist Chance und Risiko zugleich.
Die Chancen sind evident. Zu schaffen machen die Risiken. Um diese zu illustrieren, sei an den spektakulären Fall des Londoner Restaurants ‚The Shed‘ erinnert. Es ist zum top-bewerteten Restaurant in London aufgestiegen, nach der immer besser werdenden Bewertung bei TripAdvisor.
Es gab aber weder ein Restaurant, noch eine Adresse, noch eine Form von Gastronomie. ‚The Shed‘ war einfach fake. Das sensationelle Ranking wurde durch gespielte Bewertungen und die darauffolgende Resonanzwelle erzeugt. Das Fehlen einer Adresse, wurde sogar als Zeichen der Exklusivität gefeiert.
HR-Verantwortliche berichten von einzelnen Mitarbeitern oder Gruppen, die Portale geradezu mit kritischen Kommentaren fluten. Sie berichten aber auch davon, dass das wirksame Instrument eine drohende Schieflage zu verhindern, ein offener, proaktiver Umgang mit der eigenen Unternehmenskultur und der Mitarbeiterzufriedenheit ist.
Unternehmen, die beispielsweise Mitarbeiterzufriedenheitsanalysen durchführen, deren Ergebnisse veröffentlichen und in Maßnahmen umsetzen, können glaubhaft und entschlossen verzerrten Kommentaren entgegentreten. In diesen Unternehmen finden sich auch ausreichend viele Mitarbeiter, die eine positive Bewertung geben – auch wenn es Verbesserungspotenzial gibt. Bewertet wird eben auch das glaubhafte Streben nach Verbesserung.