Interview digital vs. analog
Aktuell wird viel darüber spekuliert, welche Auswirkung die COVID19 Pandemie auf die Digitalisierung im Lande haben wird. Auch für die Personalberatungsbranche stellt sich diese Frage. Bis dato ist das Geschäftsmodell der klassischen Personalberatung u.a. darauf gegründet, dass man Kandidaten persönlich interviewt und Kunden in persönlichen Vorstellungsgesprächen zu einer Einstellungsentscheidung kommen. Zum Teil ist genau dieser persönliche Eindruck eines der Alleinstellungsmerkmale, mit denen ein Berater im harten Wettbewerb um Kunden, für sich argumentiert.
Nach Ausbruch der Pandemie ist und war dieses „klassische“ Vorgehen so nicht mehr möglich. Kunden erlauben keinen Zugang mehr in ihre Werke, Hotels und Restaurants (und andere beliebte Orte für ein Treffen mit dem Personalberater) sind geschlossen und die allgemeinen Kontakt- und Reiseeinschränkungen machen eine Ausübung des Berufs entweder sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Und so war eine ganze Branche gezwungen sehr schnell auf digitale Formen der Interviewführung und Kandidatenpräsentation zurück zu greifen, wenn das Geschäft nicht völlig zum Erliegen kommen sollte. Für ganz viele Personalberatungen war dies kein Problem, da sie seit vielen Jahren mit entsprechenden Tools arbeiten und daher problemlos umschwenken konnten. Aber es gab und gibt auch Kollegen, die sich mit einer solche Vorgehensweise schwertun. Gleichzeitig hat diese „Not zur Digitalisierung“ auch einige Vorteile aufgezeigt – langwierige Reisen sind entfallen und die Projektbearbeitung wurde merklich beschleunigt, weil man nicht erst prüfen musste, wann man denn mal wieder in der Hannover und Hamburg für ein Interview sein kann. Auch das Videointerview gab sehr häufig einen guten und realistischen Eindruck vom Kandidaten und wir haben in dieser Zeit keine Empfehlung an unsere Kunden ausgesprochen, die völlig daneben war.
Und dennoch freuen wir uns nun, wenn auch das persönliche Gespräch wieder möglich ist. Warum? Weil wir nach wie vor daran glauben, dass in ganz vielen Fällen ein persönlicher Eindruck durch nichts zu ersetzen ist. Wir beschäftigen uns mit Menschen, wir versuchen den Menschen hinter dem Lebenslauf kennenzulernen und wir versuchen den „Cultural Fit“ des Kandidaten zum Unternehmen des Auftraggebers zu bewerten. Und auch nach den Wochen der Pandemie und einer fast ausschließlich digitalen Interview- und Präsentationsphase, sind wir nach wie vor der Überzeugung, dass der persönliche Eindruck hier einen echten Mehrwert bietet. Es gilt nun die Vorteile beider Welten zu verknüpfen – Videointerviews, um schneller im Prozess zu werden und zu einer Steigerung der betrieblichen und persönlichen Effizienz zu kommen und dennoch auch weiterhin persönliche Gespräche, wo die Komplexität der Stelle und das gesuchte Profil des Bewerbers einen persönlichen Eindruck erfordern. Es darf nicht heißen „entweder digitales oder analoges Interview“ sondern „sinnvolle Verbindung von digitalem und persönlichem Interview“ – zum Vorteil von Kandidat und Auftraggeber.