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HR-Management
07.10.2021
Beitrag von Christina FlorKnoth

Künstliche Intelligenz in der Personalberatung – Die strategische Bedeutung der Symbiose von Mensch und Maschine

Personalberatungen wollen effektiv, effizient und innovativ entlang der HR-Wertschöpfungskette arbeiten. Personalberater müssen aber heute frühzeitig Branchentrends erkennen und umsetzen, wobei der zeitnahe Einsatz zukunftsrelevanter Technologien zu einem deutlichen Wettbewerbsvorteil wird.[1] Zeitgewinne bei Routinearbeiten versus Zeitintensivierung bei zwischenmenschlicher Interaktion während des Recruiting Prozesses führen beim Kampf um die besten Talente in Zeiten von akutem Fachkräftemangel[2] zu einem Differenzierungskriterium zum Mitbewerber. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) lässt sich der Prozess deutlich schneller als die Konkurrenz abbilden und die Reaktionszeit zum Vorteil der Kandidaten verkürzen. Dieser Blogbeitrag möchte nach Begriffsdefinition von KI und dem Skizzieren nutzenbringender, bereits eingesetzter KI-Tools dazu animieren, die ungenutzten Potentialen zur innerbetrieblichen Effizienzsteigerung durch den Einsatz von KI in Personalberatungen auszuschöpfen.

Was heißt Künstliche Intelligenz (KI)?

Es gibt keine einheitliche und allgemeingültige Definition von KI.[3] Es handelt sich um eine Zusammensetzung verschiedener Disziplinen und Technologien mit Anwendungen in Teilbereichen des maschinellen Lernens, des tiefen Lernens und der künstlich neuronalen Netze.[4] KI ist ein Überbegriff für Anwendungen, bei denen Maschinen menschenähnliche Intelligenzleistungen wie Lernen, Urteilen, Problemlösen erbringen. [5] KI zeichnet sich durch vier grundlegende Eigenschaften aus: Verstehen, Schlussfolgern, Lernen und Interagieren. KI-Systeme kann man nach erreichter Entwicklungsstufe und Autonomiegrad klassifizieren und in zwei Bereiche einteilen: Machine Learning und Deep Learning.

Bisher geläufige KI-Softwarelösungen im Recruiting-Bereich werden überwiegend der ersten von drei KI-System-Entwicklungsstufen zugeordneten. Diese „schwachen“ KI-Anwendungen basieren auf regelgestützten algorithmischen Systemen zur Erfüllung spezifischer Aufgaben. Sie automatisieren klar definierte regelbasierte und wiederholbare Tätigkeiten und werden daher auch als Assisted Intelligence klassifiziert. Im Gegensatz dazu hätte bei einem hohe Autonomiegrad mit Autonomous Intelligence der Mensch nur noch eine Überwachungsfunktion und die Entscheidungsfindung läuft ohne menschliche Handlungen ab. Deep Learning unterscheidet sich als Teildisziplin der KI vom Machine Learning dahingehend, dass beim Deep Learning der Lernprozess einsetzt, wenn Daten mit hoher Kapazität verarbeitet werden – bei geringer Vorverarbeitung durch den Menschen (-> künstlich neuronale Netze). Beim Machine Learning wird erlerntes Wissen auf zukünftige Situationen angewendet. Vorab werden Muster und Regelmäßigkeiten durch Datenanalyse identifiziert. Das Lernen kann supervised, unsupervised oder verstärkt (Reinforcement Learning) erfolgen. Erfolgreiche KI-Anwendungen nutzen maschinelles Lernen, das die Leistung mit der Zeit verbessert. So wie z.B. die KI in Google, die die Suchergebnisse basierend auf den Entscheidungen der Menschen ständig neu sortiert.

KI-Technologie erfährt jedoch keinen uneingeschränkten Zuspruch in deutschen Personalberatungen. Das Nutzenpotential für eine Optimierung der personalwirtschaftlichen Prozesseffizienz wird bisher nicht ausgeschöpft. Das hat folgende Ursachen:

  1. Fehlendes Wissen über diese Technologie
  2. Grundlegende Skepsis in Verbindung mit einer Abwehrhaltung gegenüber noch nicht ausgereiften Anwendungsmöglichkeiten
  3. Hoher Stellenwert der Qualität zwischenmenschlicher Kommunikation und Interaktion im Recruiting
  4. Hoher Zeit- und Kostenaufwand bei der Implementierung von KI-Tools

Muss man sich aber jetzt als Personalberatung mit der Einführung von KI ins Recruiting befassen?  Ganz klar: Ja!  Es geht darum, die Möglichkeiten dieser Technologie in den Prozessen neu zu verankern und das Handeln in einer Personalberatung neu zu denken. Der Einsatz von KI erfordert, dass Personalberatungen nicht gewohnte Verfahren „digitalisieren“, sondern von Grund auf überlegen, wie sie Ziele mit den neuen Mitteln erreichen können. Das höchste Potential liegt dort, wo viele Daten gesammelt und verarbeitet werden und das ist besonders im Recruitingprozess der Fall.

Welche KI-Tools bewähren sich bisher in der Personalarbeit und sind unter Beachtung rechtlicher (DSGVO, BDSG), ethischer (Ethikbeirat HR-Tech) und moralischer Aspekte klug einsetzbar?  Die Bandbreite reicht von Intelligenter Dokumentenanalyse und -abgleich, People Analytics über Chatbots und Robotic Process Automation bis hin zu Augmented und Virtual Reality.[6]

Effizienzpotential der intelligenten Dokumentenanalyse mit Dokumentenabgleich

Zu viele unstrukturierte Daten beeinträchtigen die richtige Analyse und verhindern das Ableiten nützlicher Erkenntnisse. Ein Algorithmus ist in der Regel besser als der Mensch, wenn es um die Aggregation größerer Datenmengen geht. Intelligente Dokumentenanalyse nutzt KI-Techniken wie NLP (Natural Language Programing), Entity-Extraktion und semantisches Verständnis, um den Inhalt zu analysieren, die Bedeutung zu extrahieren und die Entscheidungsfindung zuverlässig zu unterstützen. Das Ergebnis sind interne betriebliche Effizienzsteigerungen.

Die meisten Lösungen für die Kandidatensuche beschränken sich auf den Abgleich der entsprechenden Metadaten mit einer Stellenausschreibung. Eine bidirektionale Ideallösung geht jedoch über einen einfachen Keyword-Match hinaus, indem sie eine Themenanalyse durchführt, die besten Bewerber und Stellen in die engere Auswahl nimmt und beides im Auge behält. Sie kombiniert fortschrittliche Suchtechniken, Analytik und maschinelles Lernen, um statistische Fähigkeiten zum Verständnis von Bewerberprofilen und zur Identifizierung der besten Kandidaten bereitzustellen.

Gerade für ein Matching von Jobprofil und Kandidat kann also eine automatisierte Suche und Vorauswahl helfen[7]. Erfahrungen und Kenntnisse sind leicht aus dem CV ableitbar. Eine Einschätzung der Leistung einzelner Kandidaten ist jedoch kaum möglich. Notwendig und sinnvoll ist hier die Ergänzung um klassische Personalauswahlverfahren.[8]  Zukünftige KI-Einsatzmöglichkeiten reichen aber noch weiter, etwa zu Künstlicher Intelligenz, die die Bedürfnisse des Kandidaten erkennt und ihm ein Angebot macht, bevor er überhaupt einen Stellenwechsel erwägt.

Aber was denken die Mandanten und Kandidaten über eine fortlaufende „Automatisierung“ des Recruitings? Erste Forschungsergebnisse zur Candidate Experience beim Einsatz künstlicher Intelligenz zeigen, dass sowohl Bewerber wie auch die Verantwortlichen im Unternehmen die finale Entscheidung lieber einem Menschen überlassen möchten. Im Recruiting geht es zudem um Menschen, die sich begegnen müssen und wollen, um einander einschätzen zu können. Diesen persönlichen Schritt vermag ein digitales Tool bis jetzt noch nicht zu übernehmen.[9]

Erfolgsfaktor bei allen KI-getriebenen Veränderungen bleibt somit die authentische und wertschätzenden Beratung, sowie die partnerschaftliche und transparente Zusammenarbeit mit Kunden und Kandidaten. Innovationsskepsis darf aber kein Vorwand mehr sein, um in alten Gewohnheiten zu verhaften und nicht offen gegenüber KI-Anwendungen zu sein.

Quellen:

Bergmann, Marcel (2019): Mehr als die Summer ihrer Teile: Über die Bausteine künstlicher Intelligenz, URL: https://www.capgemini.com/de-de/article/mehr-als-die-summe-ihrer-teile-ueber-die-bausteine-kuenstlicher-intelligenz/

Biemann, Torsten (2021): Hilft uns künstliche Intelligenz bei der Personalbeschaffung, in Kongresszeitung zum 20. Deutschen Personalberatertag.

Bundesministerium für Wirtschaft: Fachkräftemangel, URL: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/fachkraeftesicherung.html

Gade, Christel; Helfritz, Kai; Murmann, Jörg (2018): Discussion Papers – Business & Management – Vol. 1/3: Recruiting zwischen Executive Search und Digialisierung.

Gärtner, Christian (2020): Smart HR - Digitale Tools für die Personalarbeit, Wiesbaden: Springer Gabler.

Gentsch, Peter (2018): Künstliche Intelligenz für Sales, Marketing und Service: mit AI und Bots zu einem Algorithmic Business: Konzepte, Technologien und Best Practices, Wiesbaden: Springer Gabler.

Kersting, Martin (2021): Große Datenmengen, große Verantwortung: Digitalisierung in der Personalberatung, in Kongresszeitung zum 20. Deutschen Personalberatertag.

Ruppert, Regina (2021): Personalberatung im Blitzlicht, in Kongresszeitung zum 20. Deutschen Personalberatertag.

Schick, Uwe (2018): Was ist künstliche Intelligenz?, URL: https://news.sap.com/germany/2018/03/was-ist-kuenstliche-intelligenz/

[1] Vgl. Ruppert (2021)

[2] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft

[3] Vgl. Gentsch (2018)

[4] Vgl. Bergmann (2017)

[5] Vgl. Schick (2018)

[6] Vgl. Gärtner (2020)

[7] Vgl. Kersting (2021)

[8] Vgl. Biemann (2021)

[9] Vgl. Gade (2018)

 
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Über den Autor Christina FlorKnoth
Christina Flor-Knoth (*1968) - Search-Consultant bei insight-International Management Consultants seit 2018. We care for people – eine Leitlinie, die sie im Recruiting von Fach- und Führungskräften nach Abschluss des BWL-Studiums (2005) an der FH-Frankfurt verfolgt. Vorher war sie als Absolventin der Textilfachschule in Nagold viele Jahre innovativ in der Aus- und Weiterbildung sowie Personalentwicklung für die Karstadt AG u.a. in Berlin, Karlsruhe, Darmstadt und der Zentrale in Essen tätig.