Der Kampf des Beraters mit dem Lebenslauf
Es vergeht kein Tag, an dem uns kein Lebenslauf ins Haus flattert. Kandidaten bewerben sich proaktiv, manche wollen gerne in unsere Datenbank aufgenommen werden, andere haben eine konkrete Vakanz aus unserem Stellenmarkt im Blick. Da ist es also nicht ungewöhnlich, dass man sich in der Woche deutlich mehr als 20 Lebensläufe anschaut. Und es macht den Anschein als sei der Kreativität bei der Gestaltung keine Grenze gesetzt. Da kann die Auseinandersetzung mit dem Lebenslauf schon zum echten Kampf verkommen. Besonders beliebt sind mittlerweile die sog. „Kompetenzprofile“ oder „Executive Summaries“. Da wird viel Zeit und Arbeit investiert, um mir direkt zu Beginn klar zu machen, dass man eine „Hands-on Mentalität“ habe, dass man ein „erfahrener Turnaround Manager“ sei, wie deutlich doch die „ausgewiesenen Führungsfähigkeiten“ seien, usw. Beim Lesen dieser Profile denke ich mir oft, dass sich das Phrasenschwein bei der Erstellung gefreut haben muss. Getoppt werden kann das Ganze eigentlich nur noch durch das (im besten Fall) 2-seitige Anschreiben, dass den Inhalt des Kompetenzprofils nochmals zusammenfasst – nur um ganz sicher zu sein, dass dem Berater auch klar wird, welch qualifizierten Kandidaten er da vor sich auf dem Tisch liegen hat. Auch auf die Gefahr hin, viele Kandidaten zu verärgern, will ich ihnen offen sagen: Ich lese mittlerweile weder Anschreiben noch Kompetenzprofile. Was mich interessiert ist ihr Lebenslauf und was ist so schwierig daran, einen „guten“ Lebenslauf zu schreiben? Bei genauerer Betrachtung ist es doch ganz einfach: der Lebenslauf soll den bisherigen Werdegang in Ausbildung und Beruf darstellen. Was gehört dazu:
- ein aktuelles Foto
- vollständige Adress- und Kommunikationsdaten
- pro Station monatsgenaue Angabe „von – bis“,
- Angaben zum jeweiligen Arbeitgeber inkl. Firmierung und Ort
- Angaben zur bekleideten Position inkl. Verantwortungsbereich, Haupttätigkeiten und Erfolge
Das ergibt pro Station zwischen 10 und 20 Zeilen. Mehr ist eigentlich nicht nötig. Auf dieser Basis sind wir durchaus in der Lage zu bewerten, ob die groben Rahmenbedingungen erfüllt sind, die unser Auftraggeber als Rahmen für eine Position definiert hat. Und wenn Fragen sind – rufen wir einfach kurz an oder sprechen diese im persönlichen Interview an.
Und direkt noch ein Hinweis: Auch Zeugnisse sollten sie nur auf Anforderung senden und wir benötigen in aller Regel auch keine Teilnahmebescheinigungen der Microsoft Excel Schulung von 1998. Zu viel des Guten ist nicht besser als zu wenig.
In diesem Sinne: Lassen sie uns gemeinsam unsere Zeit dafür aufwenden, einander im persönlichen Gespräch kennenzulernen. Den wir suchen Menschen und keine Kompetenzprofile. Sparen sie sich also gerne die Zeit für aufwendige Summaries auch wenn ihnen der neueste Bewerbungsratgeber vielleicht etwas anderes geraten hat.
Besondes gut hat mir folgendes gefallen: ...und wir benötigen in aller Regel auch keine Teilnahmebescheinigungen der Microsoft Excel Schulung von 1998. ...
Mir wurde kürzlich zusammen mit den "üblichen" Bewerbungsunterlagen ein Abiturzeugnis von 1988 beigefügt. Nun ja das konnte ich toppen. :)
Ansonsten stimme ich Thomas Schmitt vollends zu! Weniger ist manchmal mehr.