Von Unzufriedenheit und Opferbereitschaft
Mit schöner Regelmäßigkeit liest man in der Fachpresse von der sog. „Gallup – Studie“, die regelmäßig Auskunft darüber gibt, wie zufrieden die deutschen Arbeitnehmer mit ihrem aktuellen Beruf sind. Erst in den letzten Tagen, habe ich hierzu auch wieder einen Artikel gelesen, den ich Ihnen an dieser Stelle gerne verlinke.
Die Ergebnisse sind jedes Jahr aufs Neue erschreckend. 14% aller Arbeitnehmer haben innerlich bereits gekündigt, d.h. diese Mitarbeiter fügen dem aktuellen Arbeitgeber unter Umständen schon mehr Schaden zu, als dass sie ihm nutzen. In jedem Fall tragen diese Arbeitnehmer aber dazu bei, dass der Arbeitgeber nicht so erfolgreich ist, wie er sein könnte. Diese Zahl ist an sich schon erschreckend – viel schwerer wiegt aber aus meiner Sicht, dass weitere ca. 70% nur eine sehr geringe emotionale Bindung zum aktuellen Arbeitgeber verspüren. Diese Mitarbeiter machen „Dienst nach Vorschrift“ – nicht mehr und nicht weniger. Nur ca. 15% sind mit vollem Herzen und vollem Einsatz bei der Sache. Es ist an jedem Unternehmen zu bewerten, ob dies ausreicht, um auf Dauer in Märkten mit zunehmenden Wettbewerbsdruck wettbewerbsfähig zu bleiben.
In jedem Fall sollten diese Zahlen jeden Arbeitgeber hellhörig machen und dazu führen, dass die Unternehmen sehr offen und selbstkritisch in die eigene Organisation schauen. Standardisierte Mitarbeiterbefragungen werden hierbei nur sehr bedingt weiterhelfen können. Initiativen wie Employer Branding, betriebliche Gesundheitsprogramme, eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Unternehmenserfolg und viele weitere Maßnahmen, sind durchaus sinnvoll, entwickeln offensichtlich aber nur eine sehr begrenzte Wirkung, da die von Gallup ermittelten Zahlen seit Jahren mehr oder weniger unverändert sind. Hier gilt es also nach neuen Wegen zu suchen, wie man die Identifikation des Arbeitnehmers mit seinem Arbeitgeber erhöhen kann und wie man dem Mitarbeiter ein Gefühl vermitteln kann, dass seine Arbeit Sinn ergibt und in wie fern jede einzelne Tätigkeit zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Gleichzeitig müssen Unternehmen wissen, woher die Unzufriedenheiten im eigenen Hause kommen, um dann ganz bewusst mit Maßnahmen gegensteuern zu können. Ein betriebliches Gesundheitsprogramm wird keinen Mitarbeiter zufriedener machen, wenn dies nicht ein Ursprung seiner Unzufriedenheit ist. Dieser Bereich ist zweifelsohne von großer Wichtigkeit, soll aber in diesem Blogbeitrag nicht weiter vertieft werden. Stattdessen will ich im heutigen Blogbeitrag mit der anderen Seiten – den unzufriedenen Arbeitnehmern – auseinandersetzen.
Ich frage mich immer was die Menschen antreibt in einer solchen Situation zu verharren? Warum stehe ich jeden morgen für einen Job auf, der mir keinen Spaß macht, mich psychisch belastet,…? Natürlich muss man sich den Lebensunterhalt verdienen und natürlich gibt es immer gewisse Sachzwänge, denen man sich nicht entziehen kann (Wohneigentum, kleine Kinder, berufstätiger Ehepartner,…), aber ist ein solch hohes Maß an Unzufriedenheit nicht zwangsläufig auch ein Auslöser für den Wunsch nach Veränderung? Wir erleben in unserer täglichen Praxis – bei der Ansprache von Kandidaten – dass sehr oft ein latenter Wechselwunsch vorhanden ist. Wenn es dann aber an die Details geht, scheint die eigene Unzufriedenheit doch nicht mehr ganz so groß zu sein. Da merkt man dann wie schön es ist, morgens nur 10 Minuten ins Büro zu fahren. Da stellt man dann fest, dass das eigene Gehalt ja doch gar nicht so schlecht ist, wie man immer dachte. Da wird einem erstmal so richtig klar, dass man ja eigentlich gar nicht umziehen will. Alles nachvollziehbare Gründe aber man fragt sich dann durchaus, wie groß die Unzufriedenheit denn wirklich sein kann, wenn man nicht bereit ist ein Opfer – sei es z.B. ein Umzug oder eine weitere Pendelstrecke – zu erbringen, um diese Situation zu verändern. Ich denke der aktuelle Arbeitsmarkt gibt durchaus immer die Möglichkeit, sich zu verändern, wenn man dies denn wirklich möchte. Aber es wie bei vielen Dingen – es wird nur in den seltensten Fällen ganz ohne eigenes Opfer gehen. Wer sich permanent über die eigene Situation beklagt, sollte auch den Mut aufbringen an der Situation etwas zu verändern. Wer aber nur meckert und sich dann am Ende nicht traut die eigene Komfortzone zu verlassen, der darf sich nicht wundern wenn er in 10 Jahren immer noch unzufrieden mit seiner beruflichen Situation ist. Von daher bin ich sehr gespannt, wie sich die Zahlen der Gallup Studie in den kommenden Jahren entwickeln werden. Ich habe eine Vermutung, aber ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.